Aktuelle Steuerrechtsreformen – von der Grunderwerbsteuer über das Personengesellschaftsrecht zum Optionsmodell
33. Münchner Unternehmenssteuerforum, 23.06.2021
Lange Zeit sah es aus, dass sich der Berliner Reformstau der Steuergesetzgebung erst nach der Wahl 2021 auflösen würde. Diskussionen über Reformprojekte, allen voran die Reform der Grunderwerbsteuer, zogen sich wenig zielführend und lösungsorientiert über Jahre hin. Doch seit einigen Monaten kommt in den Reformprozess wieder Bewegung. So hat der Bundesrat am 7.5.2021 der Reform der Grunderwerbsteuer zugestimmt, die bereits am 1.7.2021 in Kraft treten soll. Im Fokus steht die Vermeidung von Steuerausfällen im Zusammenhang mit dem Erwerb von Anteilen an grundbesitzenden Personen- und Kapitalgesellschaften (sog. Share Deals). Solche mittelbaren Erwerbsstrukturen für Grundstücke gelten als „Steuergestaltungen“ und sollen durch eine Verlängerung von Haltefristen, das Herabsetzen des Umfangs steuerunschädlicher Anteilsübertragungen und die weitgehende Gleichbehandlung von Personen- und Kapitalgesellschaften in einem deutlich größeren Umfang als bisher besteuert werden.
Nachfolgend hat der Bundestag am 21.5.2021 den Regierungsentwurf zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) idF der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (BT-Drs. 19/29843) beschlossen. Kern des Gesetzes ist die Einführung eines Optionsmodells: Personengesellschaften sollen künftig ein Wahlrecht haben, sich der Körperschaftsteuer anstelle der Einkommensteuer zu unterwerfen. Ziel ist die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit insbesondere der vielen international tätigen Familienunternehmen in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft oder offenen Handelsgesellschaft. Allerdings hatte bereits die Sachverständigenanhörung des Finanzausschusses lediglich ein geteiltes Echo ergeben. Während einige Experten das geplante Optionsmodell als Angleichung der Besteuerung von Personen- und Kapitalgesellschaften lobten, kritisierte die Mehrheit der Experten das Vorhaben als zu kompliziert für kleinere mittelständische Unternehmen. Letztere werden sich durch die gegenüber dem Regierungsentwurf nun vom Bundestag beschlossenen Änderungen des Optionsmodells im Hinblick auf die grunderwerbsteuerlichen Auswirkungen vermutlich bestätigt sehen. Eine abschließende Entscheidung steht am 25.6.2021 im Bundesrat an.
Schließlich hat das Bundeskabinett am 20.1.2021 den Regierungsentwurf zur größten Modernisierung des Personengesellschaftsrechts seit über hundert Jahren beschlossen. Am 5. März hat der Bundesrat zum Regierungsentwurf Stellung genommen; am 21.4.2021 erfolgte die Sachverständigenanhörung. Kernpunkt der Reform und die Umsetzung bis zur nächsten Bundestagswahl im Herbst 2021 ist nun wahrscheinlich. Steuerrechtlich relevant erscheint insbesondere die Abschaffung der Zuordnung des Gesellschaftsvermögens zur gesamten Hand. Das Gesellschaftsvermögen wird ausschließlich der Gesellschaft zugeordnet und damit weiter von Gesellschaftern getrennt werden. Wie beim Optionsmodell können sich gravierende Folgen für die grunderwerbsteuerliche Behandlung von Personengesellschaften ergeben. In einer Übergangszeit bis Ende des Jahres 2022 haben alle bestehenden Unternehmen die Möglichkeit, sich auf die neue Rechtslage (ggf. durch Anpassung ihrer Gesellschaftsverträge) einzustellen. Ab dem 1. Januar 2023 soll das Gesetz in Kraft treten.
Leitung: Dr. Hardy Fischer (POELLATH)
Referat 1: Dr. Stefan Behrens (Clifford Chance)
Referat 2: Prof. Dr. Jan Bron (FGS)
Podium: MRin Gerda Hofmann (BMF) und Prof. Dr. Matthias Loose (BFH)
Vortragsunterlagen
Gerne stellen wir unseren Mitgliedern die Vortragsunterlagen der Referenten auf Nachfrage unter info@muenchner-ustf.de zur Verfügung.
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